Sonntag, 15. August 2010
meine 'Abschiedsparty'
Zum Abschied habe ich eine superschoene dicke Muschelkette geschenkt bekommen.
Danach sassen wir alle zusammen, tranken Tee und assen Scones. Ich habe dabei extra viele Fotos von Studenten, Lehrern und Kindern gemacht, damit ich ja keine Gesichter vergesse. Zum Abschluss des Abends haben wir dann noch gemeinsam "Shrek" geschaut, was die wehmuetige Stimmung zu allgemeiner Heiterkeit wendete. Interessant finde ich immer wieder, dass die Niuginis an komplett anderen Stellen lachen als wir Deutschen. Humor muss auch auf eine gewisse Art kulturbedingt sein.
Mein Abschied aus Logaweng rueckt mit jeder Minute naeher. Mittlerweile sieht es so aus, dass das Seminar am Dienstag, wenn ich aufs Schiff gehe, lahm liegen wird, weil eine Vielzahl der Studenten einfach mitkommen werden um mich zu verabschieden, ob nun Unterricht ist oder nicht. Montag Abend wird mir auch noch eine besondere Ehre zuteil: Viele der Studenten tut es so leid, dass ich gehen muss, dass sie die letzte Nacht hier so eine Art "Totenwache" machen, soll heissen, dass sie praktisch mein Haus belagern und die Nacht wachen. Ich werde der Tradition natuerlich folgen, was aber bedeutet, dass ich Montag auf Dienstag wahrscheinlich nicht schlafen werde, aber dafuer habe ich ja auf dem Schiff Zeit.
Einen nicht unerheblichen Daempfer dieser wundervollen Melancholie gibt es allerdings: Ich habe wieder eine Mega-Erkaeltung mit Husten, Huehnereigrossen Madeln und allem drum und dran. Also auf den letzten Metern noch einmal Amoxicillin... naja gut, besser als mit dickem Kopf und dichter Nase einen Langstreckenflug anzutreten.
Ich bin gerade am Koffer packen. Das wird noch eine kleine Herausforderung werden. Vanille, Bilums, Schnitzereien, Papierkram und so weiter, alles muss irgendwie in meinen Koffer. Mal sehen, wie ich das hinkriege.
Sonst, trotz aller Trauer darueber, PNG zu verlassen, freue ich mich jetzt unglaublich, euch alle in ein paar Tagen, jetzt in genau einer Woche, wieder zu sehen, mit euch zusammen zu sitzen, zu reden, zu berichten und eure Fragen zu beantworten.
Auf bald!
Felix
Samstag, 14. August 2010
in 8 Tagen
In 8 Tagen am Sonntag bin ich wieder in Deutschland und freue mich jetzt schon, euch alle wieder zu sehen.
Ich möchte euch allerdings um einen Gefallen bitten: Ich freue mich darauf, mit euch über meine Zeit hier zu reden, nur bitte, wenn ihr kein vor Sarkasmus triefende Antwort haben wollt, dann kommt mir nicht mit 'wie wars denn?' oder 'erzähl doch mal'. Bitte fragt mich Dinge auf die ich eine Antwort geben kann.
Dann bis in ein paar Tagen. Euer Felix.
Montag, 26. Juli 2010
Kurzuebersicht ueber die vergangenen Wochen
Hallo ihr Lieben!
Lange habe ich nichts mehr von mir hoeren lassen, um genau zu sein ist mein letzter Eintrag hier 60 Tage her. Zunaechst eine Erklaerung ueber den letzten Eintrag: Ein guter Freund und Kollege hier im Land hat auf einem Urlaub in Deutschland sein Leben verloren. Das ganze Seminar ist in eine tiefe und lange Trauerphase gefallen, denn dieser Kollege war sehr beliebt und ein absolutes Arbeitstier. Er hinterlaesst nicht nur eine grosse Luecke, sondern auch Familie und Kinder.
Dieser Todesfall hat mich in dieser Zeit nicht unbedingt wenig mitgenommen. Erleichtert wurde mir die Trauer allerdings durch die Kultur hier im Lande: wenn einer ein Problem hat, ist er nie alleine! Das gesamte Seminar hat getrauert, der Schulbetrieb wurde fuer fast zwei Wochen ausgesetzt. Wenn eine Person stirbt, gibt es hier ein so genanntes “haus krai”. Das wird entweder in einem bestehendne Haus eingerichtet oder neu aus Buschmaterialien gabaut, in der Regel am oder in der Naehe des Hauses des oder der Verstobenen. In diesem Haus sitzt man also beieinander, erzaehlt sich Geschichten und Erlebnisse des/der Betrauerten, singt und haelt gemeinsam Andachten. Das haus krai bleibt dann so lange bestehen, bis die generelle Meinung umschwingt auf ein “jetzt ist genug getrauert”. Gerade gestern habe ich mir einen Film angesehen: darin hatte eine aeltere Dame aus England gerade ihren Mann verloren und stand nach der Beerdingung und dem Leichenschmaus ganz alleine mit den angefallenen Haushaltsarbeiten da. Das ist etwas, das in diesem Land nie so stattfinden wuerde, in einer Zeit der Trauer muss niemand alleine sein, die Gemeinschaft rueckt naeher zusammen. Das ist einer dieser Pukte, den sich die deutsche Kulur hier gut und gerne abschauen sollte.
Nach einer wieder aufmunternden Woche in Lae mit Freunden kam ich dann wieder nach Logaweng zurueck, um am gleichen Tag erst einmal wieder zusammenzubrechen: Malaria. Behandelt und nach einer Woche weg. Vor dem Zusammenbruch gab es dann aber noch eine andere Nachricht: die Tochter eines unserer Lehrer war am Nachmittag im Krankenhaus nach einem Asthmaanfall verstorben. Zwei Todesfaelle in drei Wochen... der Seminarbetrieb kam praktisch voellig zum Erliegen. Entsprechend der alten Mythologie begannen sich sogar einige Menschen zu fragen, was denn momentan mit Logaweng los sein, da wuerden ja so viele Menschen sterben.
Nachdem auch dieses Haus krai dann irgendwann geschlossen wurde waren dann auch nur noch zwei Wochen bis zu den Semesterferien uebrig. Die Ferien sind zwei Wochen lang und ich konnte nach einer langen stressigen Zeit endlich mal wieder ausschlafen... In der ersten Woche habe ich dann noch den Entry Test fuer die Finschhafen-Gegend fuer das Seminar gemacht: Eines der Aufnahmekriterien fuer das Seminar ist das Bestehen eines Tests ueber Theologie und Allgemeinwissen. Den habe ich also veranstaltet, immerhin 24 Personen sind gekommen. Danach alle 24 einzeln interviewen (Familienstand, Gesundheit, Motivation und so weiter...). Was zwar ein anstrengender Tag, aber doch interessant.
In der Zweiten Ferienwoche bin ich dann einer meiner ueblichen Verhaltensweisen treu geblieben, die ich auch schon waehrend meiner Schulzeit hatte: Ich wurde krank. Magen-Darm-Infekt, zum kotzen... Dank vernuenftigem Essen und Antibiotika war ich den aber, wie es bei mir nun mal so ist, rechtzeitig zum Unterrichtsbeginn wieder los.
Das hat mich aber nicht davon abgehalten, hier mit den Studenten die Fussball-WM zu geniessen! Dank eines Satelliten-Recievers und eines nagelneuen Beamers, Geschenk der LCA, haben wir alle wichtigen Spiele + die der deutschen in ueberraschen guter Qualitaet auf Grossbildleinwand verfolgt. Natuerlich waren alle Studenten fuer Deutschland, fuer Australien zu sein ist einfach uncool, auch wenn es geografisch gesehen der direkte Nachbar ist.
Seit dem ist eingentlich nicht wirklich viel passiert. Ich unterrichte, arbeite in der Buecherei und versuche, einen computertechnischen Totalabsturz zu verhindern. Mittlerweile alles mit dem Hintergedanken daran, dass ich ja in weniger als einem Monat wieder in Deutschland sein werde: ich werde am 17. August von Finschhafen abreisen, 19. August gehts nach Singapur, wo ich erst einmal zwei Tage Pause in der Zivilisation machen werde. Am 22. August um 13:45 komme ich dann in HH-Fuhlsbuettel an.
Ich freue mich schon, euch in Deutschland alle wieder zu sehen! Alles Gute und bis dann,
Felix
Sonntag, 23. Mai 2010
Pfingsten
Hallo liebe Leute,
ich wünsche Euch allen ein gesegnetest Pfingstfest!
Ich bereite gerade einen Blogeintrag über die lokal wachsenden Nahrungsmittel vor, freut Euch auf einen Foto-Report!
Alles Liebe, ich sehe Euch im August!
Felix
Sonntag, 16. Mai 2010
ein Blick aus dem Fenster
Ein Blick aus dem "Fenster" der Fähre: Am Strand landet ein Speedboat mit der täglichen Buai-Ernte (Betelnuss) aus den Gärten an der Küste. Wer von den Käufern zuerst kommt, mahlt zuerst...
ein Blick aus dem Autofenster: Haupteinfallstraße nach Lae. Das war zu der Zeit als ihr über die Winterschlaglöcher genervt wart...
ein Blick aus dem Küchenfenster: liegt in Deutschland im Supermarkt, Abteilung tropische Früchte. Hier liegt es im Garten rum: Sternfrucht.
Viele Grüße!!
Donnerstag, 29. April 2010
Nachts
Nachdem ihr schon ein Bild des Sonnenaufganges gesehen habt, hier nun das Äquivalent der Nacht. Über dem Pazifik geht ein unglaublich heller Vollmond auf und taucht Wasser wie Land in eine schummrig-beruhigende Atmosphäre.
Dienstag, 20. April 2010
Fotos die fünfte und letzte
Hochland Szenerie vom Highlands Highway
Die weniger schönen Seiten des Highlands Highway. Mit dieser eigestürzten Brücke ist der Warenstrom in die / aus der Hälfte des ganzen Landes unterbrochen.
Malerischer Sonnenaufgang über dem Pazifik am Ostersonntag
Falls ihr Fragen zu irgend etwas habt, dass euch eventuell beschäftigt, lasst mir gerne eine Nachricht zukommen!
Fotos die vierte
Auf der Schiffahrt nach Lae wurden wir ein paar Minuten von einer Schule Delphine begleitet. Gott segne die Handykameras!
Goroka Innenstadt. Rechts direkt der Flughafen. Das ganze wirkt hier aufgrund des Regens sehr trostlos, normalerweise herrscht hier aber ein geschäftiges Gewusel.
Noch einmal die Innenstadt. Rechts die "Shopping Mall", die einzige größere Ladenzeile. Vielleicht fällt euch das unglaubliche Bergpanorama im Hintergrund auf, dass Goroka in drei der vier Himmelsrichtungen umgibt, denn Goroka liegt in einem nur zu einer Seite offenen Tal.
Wer kann behaupten, jemals Ingwer in voller Blüte gesehen zu haben?
Fotos die dritte
Die Schotterstraße hoch nach Logaweng. An dieser Stelle haben lokale Dorfbewohner den Wald an einer der steilsten Stellen entlang der Straße abgeholzt. In den letzten kleineren Regenfällen wurde bereits über ein halber Meter Grund weggewaschen. Was wird erst in den Sturzbächen der Regenzeit geschehen?
Meine Arbeitsstelle, die Bücherei (Laibari) , von außen - im rechten, tiefer gelegenen Teil befindet sich der Studienbereich mit Arbeisplätzen, sonst Bücherregale.
Die Bücherei von innen, Blick durch die Regale- in Realität mehr, als es hier scheint.
Blick auf den Kartenkatalog und die guten Bücher, die nicht ausgeliehen werden.
Fotos die zweite
typische Marktszene: Die Marktfrauen sitzen auf dem Boden und bieten ihre Wahren an- hier Trinkkokosnuss (kulau), Tomaten, Paprika, Süßkartoffeln etc. Bei Regen wird der Verkauf dann nur leider sehr ungemütlich.
Mein Haus in Logaweng. Innenaufnahmen gibt's nur im privaten Kreis wenn ich wieder in Deutschland bin, ab einem gewissen Punkt muss man auch aufhören, sich im Internet bloß zu stellen.
Die Schülerinnen und Schüler der Elementary School veranstalten ein Singsing für hohe Gäste aus Amerika
Ein "Haus Win", wörtlich übersetzt "Lufthaus", so eine Art Gartenlaube. Das hier gehört einem Kollegen. Direkt am Berghang gelegen hat man eine unglaubliche Aussicht und die leichte Bauweise macht auch die Mittagshitze erträglich.
Fotos die erste
100% Weihnachtsatmosphäre trotz 100% Polyester
Wasserfall (Wara kapsait) des lokalen Baches, die Buta
Nugidu Beach, dieses mal am Abend mit Dünung
Ameiseninvasion an der Neonröhre in der Küche - Werden Ameisen von Elektrizität angezogen?
Dezember bis... oh mein Gott - April!
Wenn ich das richtig im Kopf habe, endete mein letzter längerer Eintrag in der Adventszeit, es gibt also sehr viel zu berichten. Am besten chronologisch mit Weihnachten anfangen.
Die Weihnachtstage habe ich im Nachbarort bei der Familie meines Mentors verbracht. Ich genieße die Zeit, die ich bei ihnen verbringen kann immer sehr, ihr Haus ist so eine Art Rückzugsort für mich geworden. Leider komme ich immer seltener hin, immerhin ist der Ort über 20 km entfernt. Wir haben uns ein paar sehr schöne Tage gemacht, inklusive Weihnachtsatmosphäre durch Weihnachtsbaum aus 100% Polyester. Und natürlich, wie ich es in Deutschland auch immer mache, habe ich mich prompt ziemlich überfressen und lag daraufhin erst mal zwei Tage im Bett.
Nach Weihnachten wurde es in Logaweng auf der Station immer leerer, es sind Weihnachtsferien, was unseren Sommerferien gleich kommt. Die Lehrer waren in ihren Dörfer, die Schüler auch, die Hälfte der Überseemitarbeiter im Urlaub.
In diesen sechs Wochen konnte ich mich mit den zurückgebliebenen Studenten gut anfreunden (Ein Jahrgang muss zurückbleiben, damit die Station über die Ferien keine Beine bekommt...). Im normalen Schulbetrieb gibt es zu wenige Gelegenheiten, sich einfach ungezwungen zu unterhalten und meine freie Zeit ist auch eher begrenzt. Wenn man aber auf der Nachtwache, die jede Nacht von 5 Männern gemacht wird, zusammen am Berghang sitzt, einen frisch auf offenem Feuer gekochten Tee mit fünf Löffeln Zucker schlürft (ja, so trinken die Niuginis am liebsten ihren Tee), kann man einfach viel besser miteinander reden. Tagsüber hatte ich viel Zeit, mit einem Kollegen zu wandern und den lokalen Dschungel zu erkunden, in dem sich wirklich idyllische Plätzchen verstecken, aber ich hatte auch die Möglichkeit, in der Bücherei eine Grundordnung herzustellen, mit der man arbeiten kann. Vorher standen alle Bücher nicht da, wo sie sein sollten, am Ende der Ferien waren sie geordnet, der Bibiliothekscomputer und Drucker zum Katalogisieren der Bücher funktionierte wieder, so dass endlich wieder richtig in der Bücherei gearbeitet werden konnte. Weihnachten verbrachte ich gemeinsam mit meinem Mentor und seiner Familie. Neujahr verlief ähnlich. Ich habe hier den guten alten Silvester-Evergreen „Dinner For One“ aufgetrieben und den Studenten vorgeführt, was die Stimmung erheblich auflockerte. Um zwölf, neun Stunden früher als in Deutschland, wurde dann mit Orangensaft angestoßen, auf dem Campus gilt absolutes Alkoholverbot (außer für das Abendmahl). Bis zum Ende der Ferien hatte ich auch immer wieder mal die Gelegenheit, schnorcheln zu fahren und habe so traumhaft Unterwasseraufnahmen schießen können.
Die Schule begann wieder anfang Dezember.Vor Weihnachten hatte uns aber unsere Englischlehrerin und eine weiterer nationaler Lehrer verlassen, so dass wir nun einen akuten Lehrermangel hatten. So erschien dann plötzlich mein Namen neben zehn Stunden auf dem Stundenplan, die ich aber, da ich ja erstens kein ausgebildeter Lehrer bin und zweitens zum ersten mal unterrichte, auf ungefähr drei angeleitete Stunden runter schrauben und die restlichen Stunden in Studienzeiten, also freie Studien, Zeit für Hausaufgaben oder ähnliches, umwandelte. Jetzt bin ich bei einer Englischstunde, einer Musikstunde und einer Healthstunde, was ich als ganz angemessen erachte, denn das Unterrichten ist per se nicht meine Hauptaufgabe ist.
Meine Hauptaufgabe liegt in der Bücherei. Das beinhaltet vor allem die Supervision der fünf freiwilligen Studenten und die Verwaltungsarbeit, also das Nachbestellen von Verbrauchsmaterialen, Bücher katalogisieren, einordnen, aussortieren, ausleihen, zurücknehmen und so weiter und so fort. Die mitarbeitenden Studenten haben jeweils nur eine Schicht die Woche in der Bibliothek, während ich den größeren Überblick wahren muss. Trotzdem ist es mir glücklicherweise gelungen, eine gute Beziehung zwischen mir und den Studis aufzubauen, von der wieder beide Seiten profitieren. Wenn die Studenten merken, dass ich dabei bin, Mist zu bauen, kriege ich einen freundlichen Hinweis, ich bringe dem einen dafür z.B. über seine Arbeit zehn-Finger-Tippen bei und „erinnere“ sie nicht selten daran, dass sie ihren Pflichten in der Bücherei nicht nachkommen. Kommt die Zeit, an der einer der fünf ins Vikariat geht oder ähnliches, liegt es an mir, rechtzeitig einen Nachfolger zu bestimmen, damit dieser auch noch angelernt werden kann. Ich erlebe in der Zusammenarbeit eine fast schob berührende Offenheit, die auch dadurch hervorgerufen wird, dass meine Vorgängerin die Bücherei mehr oder weniger totalitär geleitet hat, während ich eben nicht nur beaufsichtige, sondern auch mit anpacke. So kommt es, dass ich mit den Studenten, die in der Bücherei arbeiten, eigentlich unter allen anderen am Vertrautesten bin. Kürzlich habe ich entdeckt, dass in die Bibliothek ein Abonnement einer christlichen Zeitung aus dem amerikanischen Bible-Belt (mittlerer Westen) unterhält. Die darin vermittelten Botschaften stimmen aber nicht mit der Einstellung unseres Seminars überein, also habe ich eine gemeinsame Aktion mit meinen Fünf initiiert, diese Zeitschriften aus der Bücherei zu entfernen.
Nebenher habe ich von unserer Englischlehrerin die Aufgabe übernommen, als Verbindungsmann zwischen dem Seminar und einer in England ansässigen Stiftung zu dienen. Diese Stiftung vertreibt theologische Literatur zum Herstellungspreis, was für die Studenten hier essenziell ist, da sie sich mit ihrem geringen Einkommen, wenn sie überhaupt eines haben, nicht sich die Werke zum Ladenpreis leisten könnten. Des Weiteren verwalte ich das Guest House des Seminars, nehme also Buchungen entgegen, schreibe die Rechnungen, quartiere die Gäste ein und mache auch zwischendurch die Grundreinigung, wenn sich niemand anderes dafür findet. Nebenher arbeite ich momentan daran, eine Musikausrüstung für das Seminar zu beschaffen, denn die Sache, die mich hier am meisten begeistert ist die natürliche Musikalität der Menschen. Normale Kirchenlieder werden automatisch dreistimmig gesungen, einmal ein Lied gehört sind die meisten schon in der Lage, die Akkorde auf der Gitarre nachzuspielen, Gitarre spielen kann so wie so fast jeder. Insofern ist es meiner Meinung nach eine Schande, dieses Potential verkommen zu lassen. Ich suche deshalb die Mittel, um Bass, Piano, Drumset, Mikrofone, Verstärker und Gitarren anzuschaffen, so dass hier eine Art Bandprojekt anlaufen kann. So könnte ich dann mit Glück in meinen letzten Monaten zusammen mit interessierten Studenten den Gottesdienst hier zusätzlich mit einem kleinen Ensemble beleben. Des Weiteren verwalte ich das Computersystem und unterstütze die Lehrer, falls es Probleme mit Programmen oder ähnlichem gibt. Hardware und Software wurden vor einigen Jahren von der deutschen Botschaft in Australien gespendet, allerdings ist der letzte Übersee-Lehrer, der etwas von Computern verstand, 2008 ausgereist, weswegen das ganze System vor dem Kollaps steht und ich somit versuche, den akuten Herztod hinauszuzögern. Ich habe hier übrigens die Erfahrung gemacht, dass Röhrenbildschirme in diesem Klima (sehr feucht, sehr warm, sehr salzhaltige Luft) sehr anfällig sind. Alleine in der Zeit in der ich hier bin sind schon drei Bildschirme implodiert.
Ja, soviel erst einmal zu meiner Arbeit. Das alles mag unglaublich stressig und unübersichtlich klingen, ist es teilweise auch. Entschädigt für die viele Arbeit werde ich immer wenn ich vor die Tür trete. Strahlend blauer Himmel, ein atemraubender Blick über den Pazifik, Kokospalmen, wilder Hibiskus und Orchideen, Urwald, Kakadus. In Autoreichweite ein Korallenriff mit traumhaften Südseestrand, an dem man schnorcheln kann. Menschen, die einem mit Offenheit, Herzlichkeit und Freundlichkeit gegenübertreten, die man in Deutschland nur von engsten Familienmitgliedern erwartet. All dies begeistert mich von Tag zu Tag aufs Neue. Das malt jetzt ein sehr idyllisches Bild, landschaftlich möchte ich das auch gar nicht bestreiten.
Allerdings ist das Land mit seinen Menschen in dieser Zeit mit großen Herausforderungen konfrontiert. In der Globalisierung begegnen die Menschen, die vor hundert Jahren vom technologischen Stand her noch in der Steinzeit gelebt haben, einem technischen Fortschritt, für den man in Europa mehrere hundert Jahre gebraucht und aus eigener Entwicklung getan hat. Ein Spagat zwischen eigener und westlicher Kultur. Plötzlich sehen diese Menschen Elektrizität, Energie, die aus Kabeln kommt, hören über das Internet, sehen unglaublich viele westliche Dinge, die sie sich nicht vorstellen können und nicht verstehen können. Vor einigen Jahren z.B. wurde einmal von Einheimischen ein Kabel von deren Häusern zu Friedhöfen gelegt, um die Energie der Vorfahren wie Elektrizität zu der eigenen Familie zu leiten. An dieser Stelle spielt dann auch der alte Naturglaube mit hinein, in dem die Ahnen die Lebenden unterstützen. So gibt es auch den sogenannte Cargo Cult, der darauf basiert, dass die weißen Missionare ja irgendwie immer alles haben und das in riesigen Tonnen oder Kisten von der anderen Seite des Meeres kriegen. Also muss da auf der anderen Seite des Meeres, wo die Missionare wohnen, alles voll mit diesen Sachen sein, denn wenn etwas kaputt ist, gibt es ja sofort etwas neues. Dass Tische, Bücher und alles andere auch hergestellt werden müssen, war und ist heute noch vielen Menschen im Hinterland nicht vorstellbar.
Mittlerweile ist der beliebteste Softdrink hier Coca Cola, verkauft in 0,33l Dosen, hergestellt in PNG selbst, verkauft für 3 Kina, das entspricht grob 80 cent. Dagegen wird die überall vorkommende Trinkkokosnuss (kulau) immer weniger getrunken, obwohl sie praktisch am Wegesrand wächst, mindestens einen halben Liter nahrhaft erfrischendes und vor allem gesundes Wasser in sich trägt und nur 20 Toea bis 1 Kina kostet. Hier in Finschhafen gibt es jetzt mehrere Handymasten und die Betreiberfirma verkauft billig Handys. Auf der einen Seite ist das gut, so bekommt diese Gegend bzw. das Land einen einfacheren Anschluss an den Rest der Welt und nur wegen diesem Handymast kann ich diesen Bericht via Email schicken. Auf der andern Seite aber geben die Menschen sofort ihr weniges Geld für Handys und deren Prepaidkarten aus, das ihnen dann später fehlt, um ihre Kinder in die Schule schicken zu können. Mit dem Internet gibt es in dem Land auch plötzlich eine unglaubliche Menge illegale Pornographie, die über die neuen Handys weiter verbreitet wird.
Während sich viele Aspekte der „alten“ Kultur also wandeln, bleiben andere über Jahre unverändert. Dazu zähle ich vor allem zwei Aspekte. Der erste ist die Rolle der Frau in der Gesellschaft. In diesem Zusammenhang habe ich mich vor einiger Zeit in einer Situation wiedergefunden, die wir in dieser Form eins zu eins in unserer Vorbereitung durch Standbilder behandelt haben (Wir hatten Standbilder kreiert, die verschiedene Situationen darstellten, die uns in einem anderen Kontext begegnen könnten und aus unserem Blickwinkel nicht richtig sind.) Trotzdem war mir nicht klar, wie ich mich am besten verhalte, da die Vorbereitung einfach zu weit weg war und um ehrlich zu sein, habe ich die in der Vorbereitung dargestellten Situationen für etwas übertrieben gehalten. Die Rolle der Frau ist auch ganz deutlich an der Sitzverteilung im Gottesdienst zu sehen. Die Männer haben die gesamten linken Bänke und die vordere Hälfte der rechten Kirchenbänke, die Frauen müssen sich auf dem Rest zusammenzwängen.
Der zweite Aspekt, den ich ansprechen möchte, da er sich meiner Ansicht nach nicht wesentlich verändert hat, ist die Subsistenzwirtschaft und deren Grundgedanken, die von den Menschen hier betrieben wird. Die Einheimischen auf dem Land, also die Mehrzahl der Bewohner PNG’s, haben alle Gärten. Keine Blumengärten, sondern Gemüsegärten, in denen sie Knollenfrüchte wie Süßkartoffeln (kaukau), Taro und Yam, sowie jegliches Gemüse (Kumu) und Früchte wie Papaya (popo), Bananen, Ananas und so weiter anbauen, um sich und ihre Familie zu ernähren. Wenn etwas reif ist, wird es gegessen. Wenn Überfluss besteht, wird einmal mehr gegessen aber auch anderen, die gerade wenig zu essen haben, ausgeholfen. Wenn man gerade zu wenig hat, kann man sich auf die Hilfe anderer verlassen. Man lebt also praktisch von der Hand in den Mund. Möglichkeiten, dass Geerntete zu lagern gibt es wegen des tropischen Klimas gar nicht oder kaum. Dass sich dies nicht geändert hat sieht man z.B. daran, dass wenn man auf ein Dorf ein Paket Zucker mitbringt, es noch am selben Tag vollständig geleert wird. Ob ein, zwei, oder fünf Kilo, am Abend ist es weg. Wenn man es aber nicht so machen würde, wäre die Zuckertüte am nächsten Morgen schwarz, weil voll mit Ameisen. Man sieht die Auswirkungen der Subsistenzwirtschaft auch bei den nicht wenigen Festessen (bung kaikai). Wenn man an dem „Buffet“ steht, dann nimmt man sich soviel, wie man irgendwie auf den Teller bekommen kann und stopft es in sich hinein, selbst, wenn man schon satt ist. Man weiß ja nicht, wann man wieder etwas zu essen bekommt oder wann der Garten mal wieder nicht genügend hergibt, um satt zu werden.
Ich vertrete die Theorie, dass dieses Gedankengut eventuell auch die nicht wenigen Diebstähle und die Korruption im Lande beeinflusst. Wenn etwas im Überfluss vorhanden ist, dann wir es entweder komplett „vernichtet“, oder mit anderen geteilt, damit es nicht schlecht wird. Wenn ein Einheimischer jetzt also eine riesige Geldmenge oder einfach nur einen Gegenstand sieht, die oder der nicht genutzt wird, bedeutet das für ihn eine große Versuchung, denn kulturell bedingt kann er ja Dinge nicht lange „liegen lassen“.
Ob das Ganze sich jetzt wirklich so verhält, wie ich es mir zurecht gereimt habe, sei erst einmal dahingestellt, in jedem Fall wird mir klar, dass ich meine erste Zeit in diesem Land sehr blauäugig verbracht habe. Ich habe nach westlichen Maßstäben beurteilt und mit Vorurteilen gedacht. Bevor ich mit diesem Bericht begonnen habe, habe ich mir meinen ersten Quartalsbericht noch einmal durchgelesen. Ich bin fast vor Scham im Boden versunken, so platt kommt mir dieser Bericht jetzt, nur ein paar Monate später, vor. Ich schreibe da, als hätte ich das ganze Land mit seinen Menschen innerhalb von zwei Wochen durchschaut. Wie naiv. Jetzt ist mir klar: man lernt zwar immer mehr über die Kultur und das Verhalten der Menschen, das mag sein, aber richtig verstehen, kann man die Menschen dieses Landes als Außenstehender wohl nie, wohl auch nicht, wenn man sein ganzes Leben hier verbrächte.
Vor kurzem hat mich, wie viele von euch vielleicht wissen, mein Papa hier besucht. Zu diesem Zweck hatte ich mir drei Wochen Urlaub genommen. Wir haben eine Woche mit einer Reisegruppe in Heldsbach verbracht, waren dann anderthalb Wochen bei mir. Anschließen sind wir noch für eine Woche ins Hochland nach Goroka gefahren. Das Hochland empfinde ich als sehr faszinierend, denn dort oben herrscht in zweierlei Hinsicht ein komplett anderes Klima. Erstens im wahrsten Sinne des Wortes, da oben ist es kalt! Ich war total geschockt, denn plötzlich musste ich Socken, feste Schuhe und Pulli anziehen und mich nachts mit einer Steppdecke zudecken... Nach einigen Tagen Eingewöhnung ist das dann aber doch sehr angenehm und man merkt, wie stark einem die Hitze an der Küste eigentlich zusetzt. In diesem kühleren Klima wächst sehr viel Gemüse, Citrusfrüchte, Obst. Dem entsprechend ist das Angebot auf dem Markt Gorokas ein absoluter Traum! Mandarinen so groß wie zwei Äpfel, Brokkoli, Mangos, Tomaten, Rüben - es gibt einfach alles. Der zweite Klimaunterschied ist das Klima zwischen den Menschen. An der Küste haben die Menschen eine besondere Eigenart: da alle auf engstem Raum leben hat es sich so eingebürgert, den nächsten Nachbarn möglichst wenig zu verärgern. Daher ist es sehr schwer, von einem Küstenmenschen eine klare Stellungnahme zu einem Thema zu bekommen, da je eventuell jemand dadurch gekränkt werden könnte. Dem entsprechend sind die Menschen hier auch nicht unbedingt sehr offen gegenüber Menschen, die sich nicht gut kennen. Im Hochland ist das anders. Da sind die Menschen sehr offen, wenn nicht sogar zu offen. Im Hochland sagen die Menschen einem die Meinung, egal, welche Folgen das haben könnte. Das ist auf der einen Seite sehr erfrischend, denn man kann einfach mal jemanden ansprechen und ein längeres durchaus in die Tiefe gehendes Gespräch führen, ohne dass das Gegenüber sofort den Boden anstarrt. Auf der anderen Seite kochen durch diese direkte Art sehr schnell die Gemüter hoch, so dass es im Hochland recht viele auch gewaltsame Auseinandersetzungen gibt und man sich nachts besser nicht auf der Straße aufhält.
Der Rückweg mit dem PMV (Public Motor Vehicle) war dann noch mal ein Abenteuer. Die Straße zwischen Lae und Goroka ist eine der wenigen richtig gut ausgebauten Verkehrswege im Lande. Das muss sie auch sein, denn ungefähr die Hälfte des Landes kann nur über diese Straße mit Waren versorgt werden, sämtlicher Handel zwischen Hochland und Küste wird über sie abgewickelt. Dem entsprechend herrscht ein reger Verkehr aus Lastwagen, Bussen, Kleinbussen und Sattelschleppern. Das Problem an der Straße sind die Brücken. Ganz Neuguinea ist von zahllosen kleinen Bächen und Flüssen durchzogen, die sich ihren Weg aus den Bergen ins Meer suchen. Die Brücken über diese Bäche sind, auch auf dem Highway, meist einspurig und bestehen aus einem Metallgestell ohne großes Fundament. So kam es, dass ein Sattelschlepper, beladen mit einem Bagger, auf dem Weg von Goroka nach Lae, die Tragkraft einer dieser Brücken überschätzte und prompt mit der Schnauze voran samt Brücke im sieben Meter tiefen Flussbett landete. Mein Papa und ich mussten auf unserem Weg nach Lae also erst mal bis an die Brücke heranfahren, samt Gepäck durch das Flussbett waten um dann wieder hochzuklettern und dann einen PMV auf der anderen Seite finden. Durchaus ein interessantes Erlebnis, insbesondere wenn man die ganze Zeit von einer Menschentraube umgeben ist, die einem die ganze Zeit anbietet für "nur" 10 Kina das Gepäck zu tragen, natürlich ohne Garantie, es später wieder zu kriegen. Wieder in Lae angekommen verbrachte ich einigen letzte Tage mit meinem Paps. Als der dann weg war traf ich noch zwei Freunde, mit denen ich meinen Vorratseinkauf in Lae machte, so dass ich Ende März wieder in Logaweng war und meinem Arbeitsalltag nachging.
Ostern war ein sehr besonders Erlebnis. Karfreitag ging's los, des Gottesdienst Mittags, genau zur Zeit der Kreuzigung, war eines der deprimierendsten Erlebnisse die ich je hatte. Alles in Schwarz, der Altar schwarz zugehängt, jeder im schwarzen Hemd, Meditation zur Nachtempfindung des Leiden Christi. Ui, danach musste ich mir erst einmal eine Komödie angucken, um wieder auf den Damm zu kommen. Samstag frei. Ostersonntag worden wir um drei Uhr morgens von Studenten geweckt, die über die Station liefen und, wie es in der Bibel steht, lautstark verkündeteten: "Kraist i kirap bek pinis, Jisas i kirap bek long matmat" - Christus ist auferstanden, Jesus ist aus seinem Grab auferstanden. Danach folgte eine Prozession mit Gitarren und Gesang über die Station in die Kirche, die ich leider verpasste, da ich unter der Dusche stand, sonst hättet ihr jetzt traumhafte Bilder. Gegen vier-halb fünf dann ein sehr bewegender, freudetaumelnder Gottesdienst, dieses mal alles in weiß. Um halb sechs war der Spuk vorbei und ich saß mit einem Freund im Haus Win ("Lufthaus") am Rande des Berges und sah die Sonne über dem Pazifik aufgehen. Dann haben wir weißen ein kleines Osterfrühstück gemacht und sind baden gefahren. Insgesamt ein sehr schönes Ostern, sehr ruhig und beschaulich.
Das alles schlauchte mich aber aus irgend einem Grund sehr viel mehr als normalerweise, so dass ich von Woche zu Woche immer schlapper wurde. Wie sich herausstellte hatte ich mir in Lae eine Malaria eingefangen, die ich die Wochen mit mir rumgeschleppt hatte und dann vor zwei Wochen endgültig ausbrach. Keine Angst, alles ist schon wieder in Ordnung, ich habe eine Woche Chemiekeule (Artemether) genommen, jetzt ist alles in Ordnung und ich kann mit wieder gefundener Frische meiner Arbeit nachgehen.
So, dass war praktisch ein Überblick über mein komplettes, zweites Quartal hier. Zu eurer Info: ich werde hier gegen Ende August abfliegen. Bis dahin, alles Liebe, Grüße und Gottes Segen aus PNG von
Felix