Montag, 16. November 2009

Regen, Pech, Bergwandern

Hallo ihr alle...
lang, lang ists her, dass ich meinen letzten Blogeintrag verfasst
habe... dafür jetzt also einen etwas längeren.
Ja, was war denn überhaupt so alles los... in den letzen drei Wochen,
seit ich aus Australien zurück bin, habe ich nicht in meinem eigenen,
kleinen Haus gewohnt. Das wird ja, wie bereits berichtet, renoviert.
Momentan stockt das Vorhaben allerdings, da die in Lae bestellte Farbe
die Stadt seit zwei Wochen noch immer nicht verlassen hat. Insofern bin ich
jetzt auf unbestimmte Zeit, nämlich bis die Farbe da und auf den
Wänden ist in einem immer noch viel zu großen Missionarshaus
untergebracht. Zu allem Unglück ist in diesem Haus (und nur in diesem
Haus) jetzt auch noch der Strom weg, so dass ich abends halt kein Licht
habe, nicht richtig lesen kann, keine Wäsche waschen usw. Kühlschrank
und Wasserpumpe betreibe ich immerhin mit einem Verlängerungskabel vom
Nachbarhaus... so gehen meine Vorräte aus Lae wenigstens nicht über und
ich kann duschen.
Diesen Monat war die Arztfamilie Ihle (er Chirurg, sie Internistin) samt
Kindern, Freiwilligen (ua eben Micha) und Kindermädchen hier in Finsch
zur Doktors-Retreat. Da darf ein wenig Sightseeing natürlich nicht
fehlen und so konnte ich mich bei dem Trip nach Tami Islands, eine
vorgelagerte Inselgruppe, bekannt für seine wunderschönen Schnitzereien,
weißen Strand, Korallenriffe und Azurblaues Meer, einklinken... leider
wurde die geplante Traumauszeit zum Horrortrip... denn obwohl es
Trockenzeit ist, hat es unaufhörlich geregnet und gestürmt. Die Überfahrt
nach Tami mit einem Speedboat war noch total super, zwar sind alle 100%
nass geworden (ist bei Speedboats nun mal so, Wellen, Spritzer usw...),
trotzdem wars nett. Praktisch direkt nach unserer Ankunft hat aber das
Gießen angefangen. Und nicht mehr aufgehört... so verbrachten wir unsere
zwei Tage auf der Trauminsel Tami, die häufig sogar von deutschen
Kreuzfahrtschiffen angelaufen wird, im Guesthouse und unter dem immerhin
großzügigen Vordach. Die Rückfahrt am nächsten Tag erwies sich dann aber
noch einmal als Herausforderung: Unser Bootsfahrer hatte noch für eine
Fahrt Benzin, musste also, nachdem er uns am Festland abgesetzt hatte,
tanken. Jetzt war der Regen aber so dicht, dass er das Festland nicht
sehen konnte... definitiv suboptimal, denn GPS, Kompass o.ä. gibts auf
so einem Speedboat (praktisch ein Kanu mit Außenborder) nicht. So
mussten wir beim ersten Versuch nach einem halben Kilometer wieder
umkehren, da der Regen wieder zu dicht wurde... Nach diesen zehn Minuten
Fahrt waren wir wieder einmal bis auf die Haut durchnässt, diesmal
allerdings durch Regen, nicht Meerwasser. Es hat sogar gehagelt! In den
Tropen! Wir also wieder zurück, unvorsichtigerweise nur für einen Tag
Essen eingepackt, mit 5 kleinen Kindern, die frieren... es ist genauso
wie ihr jetzt denkt, der reine Horror!!! Die beiden Ärzte haben die
Kinder im Kreis laufen lassen, damit sie nicht unterkühlen, die Kinder
waren mies, die Erwachsenen besorgt... Am Nachmittag ging der Regen dann
zurück und unser Fahrer wagte einen neuen Versuch, diesmal
erfolgreich... GOTT SEI DANK! Immerhin habe ich ein paar nette
Schnitzereien bekommen...

Dann hatte ich einen kleinen Durchhänger... ich kam von diesem doch sehr
turbulenten Wochenende, in dem ich ständig mit super-netten Menschen
umgeben war, wo ich mit Kindern gespielt habe usw. wieder in das viel zu
große Missionary-House, ohne Strom, ohne Mitbewohner... Scheiße... Dank
meinen beherzten Nachbarn konnte ich dieses Hevi (Problem) relativ
schnell überwinden. Schön war die Erfahrung trotzdem nicht.

Mit Sister Ruth habe ich einen Plan für mich ausgearbeitet, nach dem ich
jetzt arbeite. Irgendwie steht da nicht viel drauf und trotzdem hab' ich
irgendwie immer Stress... warum, weiß ich nicht. Ich unterrichte Musik
und Gesundheitskunde in den Jahren I und III... mittlerweile läuft das
ganz gut, ich musste mich erst daran gewöhnen, dass die Niuginis einfach
nicht so lernen wie wir... purer Frontalunterricht, still sitzen und
möglichst keine Aufmerksamkeit erregen! Mittlerweile klatsche ich aber
mit Year I den Rhythmus von Liedtexten und bediene mich im Year III
höchst pädagogischer Unterrichtsmethoden (Gruppenpuzzle usw.) aus
Deutschland...
In der Bücherei flutscht es jetzt auch, da habe ich den Drucker
repariert, das heißt die ganzen Schreibmaschinen werden jetzt erst
einmal nicht mehr gebraucht! Ich habe gestern die Arbeit, die auf 2
Wochen angesetzt war, mit PC und Drucker an einem Nachmittag erledigt...
Sister Ruth geht Anfang Dezember wieder in die USA. Dann gibt es hier
keinen Englischlehrer... und ratet mal, auf wen natürlich gleich wieder
geschaut wird... natürlich! Auf der einen Seite finde ich das ziemlich
cool, Lehrer stand schließlich auf der Liste der mich reizenden Berufe,
jetzt kann ichs mal ausprobiern, richtig mit Klausuren, Noten,
Zeugnissen und alles. Auf der anderen Seite aber rutsche ich dadurch
immer mehr in die Rolle des Lehrers, was die Kontaktaufnahme mit den
Studenten immer weiter erschwert. Ich muss mir also noch überlegen, ob
ich das wirklich machen möchte.

Dieses Wochenende war die sog. Männerretreat. Da treffen sich die
lutherischen Missionare, Volontäre, LDS-Menschen usw des männlichen
Geschlechts und arbeiten zu einem bestimmten Thema. Diesmal "Zauberei
und Magie in PNG" höchst interessant! Habe dabei sehr viel über die
lokale Missionsgeschichte, die Geisterwelt hier in PNG, wie damit
umgegangen wird und warum und wie man am besten damit umgehen sollte,
wenn man darüber stolpert.
Statt gefunden hat das ganze in Heldsbach und auf dem Sattelberg. Nach
einer Nacht bei den Jägers haben wir 12 Männer uns auf den Weg gemacht
und sind auf den Sattelberg gewandert. 3,5 Stunden, über 1000 Höhenmeter
(so genau weiß das keiner), Mittagshitze. Unglaublich anstrengend, aber
doch im Nachhinein sehr zufriedenstellend. Auf dem Rückweg hab ich mich
dann aber ins Auto gesetzt. Danach am Sonntag abend Baden in Nugidu, ein
Strand in einer kleinen Bucht, super idyllisch, werd ich wohl noch sehr
viel öfter hinkommen.
Jetzt bin ich wieder in Logaweng, muss dringen Wäsche waschen, was ohne
Strom allerdings durchaus eine Herausforderung ist... naja, irgendwie
krieg ich das schon hin...

Alles Liebe,
euer Felix

P.S.: ich habe gehört, viele von euch haben mir Post zum Geburtstag
geschickt... leider ist bis jetzt nur der Brief von Herrn Busche (bereits
im September abgeschickt... vorbildlich!) und der zweite Brief von Mama
angekommen... Päckchen und der Rest lassen auf sich warten!

Sonntag, 1. November 2009

Erster Zwischenbericht aus PNG, 1.11.09, Logaweng/Finschhafen

Im folgenden könnt ihr meinen ersten offiziellen Bericht lesen, den ich
an das NMZ geschrieben habe...

Die Zeit vergeht hier so schnell, dass ich ehrlich gesagt gerade erst
realisiere, dass ich jetzt schon zwei Monate hier im Land bin! Es ist
einfach so viel passiert, ich habe so viel neues gesehen und so viele
nette Menschen kennen gelernt, dass für Gedanken über die Zeit einfach
keine Gelegenheit war… um die Zeit kümmert man sich hier sowieso nicht
so richtig, aber dazu später mehr.

Angekommen bin ich in PNG am 11. September, zunächst in Madang. Dabei
war das ganze Flugzeug voller Deutscher, hauptsächlich Bayern, die zum
50jährigen Logaweng-Jubiläum und einer Partner-Konferenz in Madang
wollten, insofern war der Flug nicht langweilig und es gab genügend
Gesprächspartner. In Madang habe ich Martin getroffen, der auch dort auf
der Konferenz war. Abends und am Wochenende haben wir uns dann eine
schöne Zeit gemacht, sind mit Sinja Kanu gefahren, die See hier ist ein
Traum, nebenher lernt man von den Niuginis, mit denen sich man das
Zimmer im Guest House teilt auch noch ein wenig Pidgin… diese erste
Orientierungswoche in Madang war fast noch wie Urlaub und trotzdem habe
ich unglaublich viel an Verhaltensweisen und Sprache gelernt. Madang ist
eine nicht sehr große Stadt, die im Vergleich zum Rest PNG's sehr ruhig
ist, hier kann man ohne Probleme und Sorgen einfach mal durch die Stadt
bummeln, darf die Taschendiebe dabei allerdings nicht vergessen!

Nach dieser ersten Woche ging es mit ein paar australischen Offiziellen
von der Konferenz eine Etappe näher an meinen Einsatzort, nämlich mit
dem Auto durch das Hochland nach Lae. Ich konnte es kaum glauben, aber
im Hochland ist es überraschend kühl, ungefähr 22°C. Mittlerweile ist
bin ich hier schon so akklimatisiert, dass ich mir aber schon bei 27°C
eine lange Hose anziehe, weil mir schlicht und einfach kalt ist… in
Deutschland undenkbar! In Lae habe ich dann wieder die gewohnten 32°C +
gehabt. Lae ist sehr viel dreckiger und gefährlicher als Madang. Hier
habe ich so ein paar Anschaffungen erledigt, unter anderem habe ich ein
echtes Schnäppchen gemacht und habe eine Gitarre für 200 Kina (ca. 50€)
geschossen, die unglaublich gut klingt. Mit Robert Vogel, verwaltet für
die lutherische Kirche in Lae alles, was im Entferntesten mit IT zu tun
hat, bin ich in der Stadt rumgefahren. Mit ihm habe ich glaube ich einen
netten Ansprechpartner bei jeglicher Art von Problem gefunden.

Mit der Gejamsao, ein Katamaran von LuShip, ging es dann endlich am
Montagmorgen nach Finschhafen. Boa, hat dieses Schiff geschaukelt. Ich
hatte davor ja schon Schauergeschichten gehört, dachte aber, ich als
Nordlicht komm doch wohl mit ein wenig Seegang zu Recht… denkste! Die
vollen drei Stunden Fahrt lag ich flach und war immer kurz vorm
Übergeben… Ich war unglaublich froh, als wir dann in Buki (der Anleger
in Finschhafen) ankamen und ich Tobias Jäger, mein Mentor vor Ort) am
Ufer entdeckt habe. Martin war auch da, der nahm das Schiff zurück nach
Lae. Die nächsten 1,5 Wochen beim Tobias und seiner Familie in Heldsbach
zur fortgesetzten Orientierung. Dort habe ich sehr viele Tipps zum
erfolgreichen Bestehen im Alltag bekommen, besonders Sabine, Tobias'
Frau hat mich an ihrer praktischen Erfahrung in PNG teilhaben lassen. In
dieser Zeit habe ich auch Interviews mit Jugendlichen vom Ples (Dorf)
für das Konfirmandenmagazin des NMZ geführt. Das hat mir beim Pidgin
lernen auch sehr geholfen. Einen Tag habe ich auch im Aid-Post, der
lokalen Gesundheitsstation, verbracht. Hier war ich geschockt, wie
sorglos die Aid-Post-Officials (APO) die Antibiotika und
Antimalariamittel raushauen… kein Wunder, dass sich in der dritten Welt
immer mehr Resistente Malaria und Bakterienstämme entwickeln. Ich habe
den APO auch mal zu einem sogenannten „Healthtalk" in die Grundschule
begleitet. Da hat er der Schülern erklärt, was eine Grippe ist, wie man
Infektionen vermeidet usw. Dabei fand ich es extrem erschreckend, wie
viele falsche Informationen den Schülern gegeben wird. Mit meiner
Schulbildung habe ich glaube ich weit mehr Wissen als mancher hier.

Von Jägers aus ging es direkt für eine Woche auf die Retreat der
lutheranischen Mitarbeiter in PNG. Diese fand in einem kleinen Hotel
nahe Madang statt. Dort konnte ich viele Bekanntschaften mit den
Missionaren im Land, deren Kindern und den Anderen Freiwilligen aus
Bayern knüpfen.

Danach ging es direkt nach Logaweng. Endlich an meiner Arbeitsstelle
angekommen habe ich mich erst einmal mit dem Terrain vertraut gemacht,
viele Menschen kennen gelernt, meine Arbeitsstelle kennen gelernt.
Leider wurde ich nach einer Woche aus meiner Eingewöhnungsphase wieder
heraus gerissen, da es Schwierigkeiten mit den Visa der NMZ-Freiwilligen
gab. So verbrachte ich zwei Wochen in Brisbane, Australien, eine
durchaus willkommene Abwechslung. Zu diesem Zeitpunkt war ich einen
Monat in PNG und trotzdem war ich in den ersten Wochen in Australien mit
dem Verkehr, den vielen Menschen, dem riesigen Angebot an Waren usw.
komplett überfordert – ich möchte nicht wissen, wie extrem der
Kulturschock bei meiner Rückkehr nach Deutschland sein wird…

Jetzt bin ich endlich wieder seit einer Woche in Logaweng. Normalerweise
habe ich hier ein nettes kleines zwei-Zimmer-Haus. Momentan habe ich
aber den Micha, bayrischer Freiwilliger bei Madang, zu Besuch und wir
renovieren mein Haus ein wenig, weswegen wir in ein leer stehendes –viel
zu großes- Missionarshaus umgezogen sind. Zu meinen Aufgaben hier: Zum
einen bin ich für die Büros der Lehrer zuständig. Das beinhaltet
Computerwartung (im ganzen Seminar), dafür sorgen, dass genug Bürobedarf
da ist usw. Ich werde ab Dezember die Bibliothek des Seminars übernehmen
(Oh, habe ganz vergessen zu erzählen, in was für einer Einrichtung ich
mich hier überhaupt befinde… Logaweng besteht eigentlich nur aus dem
Senior Flierl Seminary. Der Herr Flierl war der erste deutsche Missionar
in PNG. Hier werden Männer (!) in fünf Jahren zu Pastoren ausgebildet,
wobei sie das vierte Jahr auf Vikariat verbringen). Ich bin gerade
dabei, mich mit dem System der Bibliothek vertraut zu machen, die
arbeiten mit irgendeiner amerikanischen Sortierung, weil die Bibliothek
bis jetzt von einer amerikanischen Nonne verwaltet wurde. Zusätzlich
gebe ich jetzt zweimal die Woche Unterricht in Gesundheitskunde und
Musik. Das klingt alles nach nicht viel, aus irgendeinem Grund bin ich
abends aber trotzdem immer erst gegen 20:00 wieder im Haus und bin total
fertig…

Die Menschen hier sind so eine Sache für sich… auf der einen Seite total
nett und hilfsbereit, auf der andern aber auch unzuverlässig,
unpünktlich und lassen bei Gelegenheit auch gerne mal was mitgehen. Ich
als Mann habe es in sofern gut, dass ich mich hier alleine bewegen kann,
Marlit und Sinja dürfen das Haus nicht ohne Begleitung verlassen. Was
mich hier überrascht hat ist das erstaunlich gute Handynetz! Hier gibt
es, wie in so vielen Entwicklungsländern, DIGICEL, die eine unglaublich
gute Netzabdeckung haben, ich war bis jetzt an keinem Ort, wo ich noch
kein Netz hatte! Über das Handynetz habe ich jetzt auch Internet mit
einer einigermaßen annehmbaren Geschwindigkeit, bin also über Email mit
der Außenwelt verbunden.

Ohne die Kirche würde dieses Land infrastrukturell glaube ich komplett
zusammenbrechen. LuShip, Lutheran Health Service, Lutheran Development
Sevice, Lutheran Schools… All diese Organisationen und viele mehr
scheinen das Land irgendwie über Wasser zu halten. Unglaublich ist auch
die Korruption in diesem Land.

So, das soll es erst einmal von mir gewesen sein! Liebe Grüße nach
Deutschland! - Felix

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